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Speditionsvertrag und Lagervertrag
Speditionsvertrag: Handelsgesetzbuch (HGB) als gesetzliche Grundlage
Das Speditionsrecht regelt die Pflicht des Spediteurs, die Versendung zu besorgen – also ihre Organisation. Seine Vorschriften gelten ganz unabhängig davon, welches Beförderungsmittel eingesetzt wird (verkehrsträgerneutral). Die Grundlagen des Speditionsrechts sind in den §§ 453 bis 466 des Handelsgesetzbuches (HGB) zu finden.
Entgegen einer praxisüblichen Auffassung ist der Spediteur nicht der Frachtführer oder Logistikdienstleister, sondern der Organisator dieser Gesamtdienstleistung. Es ist das Kerngeschäft des Spediteurs, Frachtführer, Lagerhalter und andere an der Gesamtdienstleistung Beteiligte auszuwählen und unter Vertrag zu nehmen. Darum muss der Spediteur selbst ein Grundwissen zu den Themen Lager-, Fracht- und Speditionsvertrag besitzen und sich bei schwierigeren Rechtsfragen Hilfe vom Fachjuristen holen.
Speditionsvertrag: Einer der wenigen gesetzlich normierten Typenmischverträge
Der Speditionsvertrag ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag. In den weit überwiegenden Fällen hat der Speditionsvertrag einen werkvertraglichen Charakter. Die Speditionsvertragsinhalte werden insbesondere durch die §§ 453 ff. HGB geregelt. Der § 454 HGB beschreibt die Leistungen eines Spediteurs: Planung und Durchführung des Transports, Auswahl der Unternehmen, Abschluss entsprechender Verträge, Sicherung eventueller Schadensersatzansprüche. Dazu kommen Leistungen, die für sich betrachtet dem Dienst- oder Werkvertragsrecht zuzuordnen wären. Als Beispiel seien der Abschluss einer Transportversicherung und die transportgerechte Verpackung des Gutes genannt. Solange diese Tätigkeiten „auf die Beförderung bezogen“ sind, fallen sie in den Rahmen des Speditionsvertrags. Damit ist der Speditionsvertrag ein offener Vertragstypus – einer der wenigen Typenmischverträge, die gesetzlich normiert sind.
Speditionsvertrag und Frachtvertrag sind rechtlich voneinander abzugrenzen. Allerdings lässt das HGB Überschneidungsfälle zu. Ein solcher liegt beispielsweise vor, wenn der Spediteur in eigener Person den Transport besorgt (Selbsteintritt § HGB 458). Dann fällt der Beförderungsteil der Dienstleistung unter das Frachtrecht.
Wenn jedoch der Spediteur, den Transport im Selbsteintritt, als Fixkostenspediteur oder als Sammelladung durchführt und es sich um einen internationalen Transport handelt, gelten insoweit dann für den Spediteur die entsprechenden transportrechtlichen Regelungen, z. B. die CMR, im internationalen Straßengütertransport oder das Montrealer Übereinkommen für den Lufttransport.
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB): Feinabstimmung für den Speditionsvertrag
Es gibt kein internationales Einheitsrecht, das auf den Speditionsvertrag anzuwenden wäre. Einzige Ausnahme (nach vorherrschender Meinung): Der Spediteur führt den Transport im Selbsteintritt, in der Fixkostenspedition oder als Sammelladung durch. Das nationale Recht, unter das die originäre Spediteurtätigkeit fällt, ist in fast allen Gesetzesvorschriften durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) abänderbar. Dabei sind insbesondere der § 466 HGB sowie die Regelungen zur Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag, die in den §§ 305 ff. BGB geregelt sind, zu beachten.
Der Speditionsvertrag als Integrationsregelung
Die gesetzlichen Regelungen zum Speditionsvertrag in den §§ 453 HGB ff. sind klar und übersichtlich. Sie verpflichten den Spediteur zur Organisation der Versendung des Gutes und den Versender zur Zahlung der vereinbarten Vergütung. Diese Vorschriften sind nur auf gewerbliche Unternehmen anwendbar. Der Speditionsvertrag, so wie er in § 453 HGB formuliert ist, kann als Grundlage für viele Erscheinungsformen von Logistikverträgen als grundsätzlich geeignet angesehen werden. Denn er entfaltet eine integrative Wirkung für verschiedene Leistungen, indem er auf die „Organisation der Versendung“ abstellt. Der Speditionsvertrag verortet den Spediteur rechtlich in den weiten Rahmen des „Allrounders“, insoweit er sich mit seinem Kerngeschäft befasst, der Organisation der Beförderung.
Der Speditionsvertrag und die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp 2017)
Die ADSp 2017 sind die Geschäftsbedingungen für den Spediteur. In den ADSp 2017 gibt es nur den Auftraggeber und den Spediteur, keinen Versender, Absender, Einlagerer oder Frachtführer und Lagerhalter. Nach vorherrschender Auffassung gelten sie kraft Handelsbrauchs. Eine solche Sicht auf den Speditionsvertrag ist jedoch als zu pauschalisierend einzustufen, denn die gesetzesabändernden Haftungsbedingungen sind davon ausgenommen. Für sie gelten die §§ 449 Abs. 2 bzw. 466 Abs. 2 HGB. Die ADSp orientieren sich nicht an der engen Gesetzesdefinition des Spediteurbegriffs. Vielmehr folgen sie einer berufsständischen Auffassung. Daraus folgt: In den ADSp 2017 gibt es nur einen Auftraggeber, jedoch keinen Versender, Absender oder Einlagerer. Anwendungsbereiche der ADSp sind alle speditionsüblichen Fracht- und Lagergeschäfte sowie alle speditionsüblichen logistischen Leistungen.
Die ADSp 2017 konkretisieren für den Spediteur die Pflichten aus § 454 HGB. Diese umfassen:
- – Auswahl des Frachtführers
- – Vertragsabschluss mit dem Frachtführer
- – Schnittstellenkontrolle
- – Quittungserteilung
- – Weisungsbefolgung
- – Verzollung
- – Herausgabepflicht
- – Lagerung
Besonderes Augenmerk legen die ADSp 2017 auf die Schnittstellenkontrolle. Geht das Transportgut von einem Beförderer oder Lagerhalter auf den anderen über, ist der Spediteur dazu verpflichtet, die Vollzähligkeit, Identität und Unversehrtheit der Packstücke zu überprüfen. Hierbei handelt es sich um eine Kardinalpflicht aus dem Speditionsvertrag. Achtung: Verstöße gegen die Kardinalpflichten, dies sind die vertragswesentlichen Pflichten, ziehen häufig eine unbegrenzte Haftung für grobes Organisationsverschulden nach sich.
In den ADSp 2017 sind die Regeln festgelegt, nach denen die tatsächliche Haftung vom gesetzlichen Leitbild abweicht. Die ADSp 2017 formulieren Kilogrammgrenzen, bis zu denen die Grundhaftung des Spediteurs gilt. Auch fixieren sie Haftungshöchstgrenzen je Schadensfall oder Schadensereignis.
Der Lagervertrag bezieht sich immer auf die disponierte oder verfügte Lagerung. Bei dieser Form ist die Aufbewahrung/Lagerung des Gutes immer Zweck des Vertrags. Der Lagervertrag wendet sich an zwei Vertragspartner: Den Einlagerer (gleichzeitig Auftraggeber); und den Lagerhalter (gleichzeitig Dienstleister). Es muss sich stets um eine entgeltliche, gewerbliche Lagerung und Aufbewahrung handeln. Das HGB setzt für den Lagervertrag die Einzellagerung voraus. Damit ist die getrennte Lagerung/Aufbewahrung von Gütern mehrerer Einlagerer gemeint. Auch die sogenannte chaotische Lagerhaltung fällt unter den Begriff Einzellagerung. Davon grenzt sich die Sammellagerung ab – wenn Güter gleicher Art und Qualität mit Einverständnis der Einlagerer an einem Ort vermischt deponiert werden. Ein typisches Beispiel ist die Schüttgutsammlung in einem Silo.
Der Lagervertrag formuliert Grundpflichten des Lagerhalters:
- – Auswahl/ordnungsgemäße Ausstattung des Lagers
- – Bestandsverantwortung
- – Empfang, Erhaltung und Auslieferung
- – Regelmäßige Kontrolle der Bestände und ihres Zustands
- – Schutzmaßnahmen gegen Diebstahl oder Beschädigung
Lagervertrag gilt nicht für die beförderungsbedingte Lagerung
Die beförderungsbedingte Lagerung grenzt sich von der disponierten Lagerung ab. Bei ihr steht der Beförderungsauftrag im Vordergrund. Es handelt sich mithin um eine kurzfristige Lagerung oder einen Warenumschlag. Die beförderungsbedingte Lagerung fällt nicht unter den Lagervertrag. Ausnahmen sind die längerfristige Lagerung oder der Wegfall des Transportauftrages. Es gibt genaue, mitunter strittige Fristen für die Vor-, Zwischen- und Nachlagerung. Bei Unklarheiten unterstützt Sie die Kanzlei Gimmler mit ihrer fachjuristischen Expertise.
Regelungen zum Lagervertrag sind Absprachesache
Die §§ 467-475h HGB regeln das Lagerrecht. Dabei gelten fast alle Regelungen zum Lagervertrag als dispositiv. Nach § 475 HGB fällt der Lagerhalter bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit unter die unbeschränkte Obhutshaftung. Allerdings steht dem Lagerhalter der Entlastungsbeweis offen. Im Lagervertrag sollte darauf geachtet werden, dass vereinbarte Haftungsgrenzen sich auch auf außervertragliche Ansprüche beziehen. Die Rechtsanwaltskanzlei Gimmler berät Sie gerne dazu.
Durch AGB oder Individualvertrag lassen sich die Regelungen des gesetzlich normierten Lagerrechts abändern. Das ist in der Praxis umfassend der Fall – insbesondere hinsichtlich der Lagerhalter-Haftungsbeschränkung. Die ADSp 2017 formulieren Haftungsobergrenzen. Grobe Fahrlässigkeit und wesentliche Pflichtverletzungen sind davon ausgenommen. Daher ist es oftmals zweckmäßig, einen Individualvertrag für die Erbringung von Lagerleistungen abzuschließen und die Risiken der unbeschränkten Haftung zu minimieren.
Der Bundesverband Möbelspedition hat für seine Mitglieder branchenspezifisch formulierte Allgemeine Geschäftsbedingungen formuliert: Die Allgemeinen Lagerbedingungen des Deutschen Möbeltransports (ALB). Den Verbandsmitgliedern steht es frei, diese anzuwenden oder auf andere AGB zurückzugreifen. Die ALB fokussieren die Lager- und Haftungsbedingungen auf das branchenspezifische Lagergut.
Gesetzliche Grundlage aller modulierenden AGB (wie etwa der ADSp 2017) sind die §§ 467 bis 475h HGB. Dieser HGB-Auszug formuliert in seinem vierten Buch die gesetzlichen Grundlagen für Handelsgeschäfte. Abschnitt sechs widmet sich dem Lagergeschäft und dem Lagervertrag. Das HGB legt Rechte und Pflichten sowohl für den Einlagerer wie auch für den Lagerhalter fest. Die entsprechenden Paragraphen befassen sich unter anderem mit
- – Behandlung des Gutes
- – Sammellagerung
- – Empfang des Gutes
- – Erhaltung des Gutes
- – Versicherung
- – Dauer der Einlagerung
- – Pfandrecht
Demgegenüber räumt das HGB dem so praxisrelevanten Bereich des Haftungsrechts nur wenige Sätze im § 475 HGB ein. Darum kommen den ADSp 2017 im Praxisgebrauch sowohl für den Lagervertrag wie für den Speditionsvertrag eine so hohe Bedeutung zu. Als erfahrene Fachanwälte unterstützen Rechtsanwalt Gimmler und seine Kollegen bei praxisfreundlichen und rechtssicheren Formulierungen für den Lager- und Speditionsvertrag, insbesondere auch bei Individualverträgen, die der Minimierung der Haftungsrisiken dienen.