Präambel, Anlagen, Nachträge – bloßes „Beiwerk“ von Logistik-IT-Verträgen?

Präambel, Anlagen, Nachträge – bloßes „Beiwerk“ von Logistik-IT-Verträgen?

Zumindest in einem Punkt sind sich Auftraggeber und IT-Dienstleister oftmals einig: Zu den wesentliche Regelungen in einem IT-Vertrag zählen Leistungsbeschreibung und Vergütung – bei allen weiteren Bestandteilen handelt es sich dann um bloßes Beiwerk.

Doch wenn sich Auftraggeber und IT-Dienstleister da mal nicht täuschen. DENN: Auch in scheinbar nebensächlichen Teilen können wesentliche Regelungen getroffen werden, die durchaus Einfluss auf den gesamten Vertrag haben können.

Präambel

So etwa die Präambel: In der Praxis oftmals als inhaltlich unbedeutender Vertragseinstieg und lediglich als reine „Prosa“ zur Vorstellung der Parteien empfunden, präsentieren sich hier gerne die Parteien, indem sie unbedacht Auskünfte über das eigene Unternehmen geben. Dies soll sie in einem guten Licht darstellen, dem potentiellen Vertragspartner imponieren und so zu einem Vertragsschluss motivieren.

Doch Vorsicht! Der BGH geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass die Parteien in einer Präambel verbindliche Regelungen und  – sogar noch weitergehend – verbindliche Zusicherungen vereinbaren können, vgl. BGH NJW-RR 2004, 1236. Wird etwa angepriesen, dass der Logistik-IT-Dienstleister Kosteneinsparungen von 10 % erreicht, so muss er sich auch daran messen lassen.

Bei Unklarheiten über die Bindungsabsicht wird die Regelung ausgelegt und versucht, den wahren Willen der Parteien unter Berücksichtigung der Verkehrssitte zu finden, §§ 133, 157 BGB.

Auch wenn keine Zusicherung enthalten ist – und von den Parteien nicht gewollt ist – , so wird die Präambel jedenfalls als Auslegungsgrundlage des gesamten Vertrags herangezogen, vgl. BGH NJW 2012, 1718. Dies gilt insbesondere bei Angaben von besonderen Fähigkeiten einer Partei. Wenn sich also beispielsweise der IT-Dienstleister als Fachmann für Logistik-IT ausweist, kann der Auftraggeber Spezialkenntnisse für Logistikabläufe voraussetzen. Der Auftraggeber kann dessen Leistungen daher vor diesem Hintergrund auf Mängel überprüfen.

Praxistipp: Die Präambel sollte als vollwertiger Vertragsbestandteil gesehen werden, der ebenso Aufmerksamkeit zukommen sollte wie den übrigen Regelungen. Sind hier verbindliche Vereinbarungen gewünscht, so sollten diese auch ausdrücklich als Vertragspflicht formuliert werden. Denn unüberlegte Formulierungen könnten sich im Wege der Auslegung nachteilig für eine der Parteien erweisen.

Anlagen zum Vertrag und Nachträge

Bei IT-Verträgen haben Anlagen überwiegend zwei Funktionen. Zum einen dienen sie der Auslagerung umfangreicher Vereinbarungen aus dem eigentlichen Vertrag, wie z. B. das Lastenheft, um diese übersichtlicher zu gestalten. Zum anderen werden Anlagen gern erst nach Unterzeichnung erstellt oder ersetzt.

Es kann durchaus ratsam sein, große Textpassagen aus dem eigentlichen Vertrag auszulagern. Jedoch birgt eine derartige Auslagerung die Gefahr, dass sich missverständliche Dopplungen oder Widersprüche zu den vertraglichen Regelungen einschleichen. Hierauf sollte unbedingt geachtet werden.

Es ist rechtlich möglich, Anlagen nachzureichen oder zu ändern. Aber was geschieht, wenn die Anlagen doch nicht erstellt werden? Oftmals passiert es in der Praxis, dass nicht mehr daran gedacht wird, mit der Programmierung aber bereits begonnen wurde. Was, wenn später unklar wird, welche Anlage nunmehr die aktuelle und geltende sein soll? Um solche Szenarien zu vermeiden, bedürfen diese Punkte einer sorgfältigen Regelung im eigentlichen IT-Vertrag.

Ähnlich verhält es sich bei Nachträgen. Diese werden dem IT-Vertrag beigefügt um Änderungen oder Ergänzungen vorzunehmen. Solche Nachträge sind wie ein eigener Vertrag zu behandeln. Dabei ist auf mögliche Formvorschriften wie die Schriftform oder Unterschriften zu achten.

Kritisch sind dabei die sogenannten „Change Requests“ zu sehen. Da der Begriff rechtlich unklar definiert ist, sollte dies zumindest im IT-Vertrag getan werden. Als „Änderungsanforderung“ kann sie zu einer Änderung der ursprünglich vertraglich vereinbarten Leistung führen. Dies zieht regelmäßig zahlreiche Probleme mit sich:

Eine Vertragsänderung bedarf der Annahme durch beide Parteien. Daher macht sich der Auftraggeber vom IT-Dienstleister und dessen Zustimmung zum Change Request abhängig. Dem IT-Dienstleister bleibt es auch unbenommen, für diese zusätzliche Leistung eine erhebliche und sogar überhöhte Vergütung zu verlangen. Handelt es sich hierbei um eine wesentliche Änderung für den Auftraggeber, kann ihn dies schnell in eine Zwangslage bringen.

Es geht aber noch weiter: denn solche Änderungen haben auch Auswirkungen auf die Leistungszeit. Die Dauer des Gesamtprojektes ist dann nicht mehr planbar und ursprünglich vereinbarte „Milestones“ und damit auch das „Go-Live“ verschieben sich. Zudem bergen viele Änderungen – auch wenn es lediglich kleine Änderungen sind – das Risiko, dass das Gesamtprojekt unstimmig wird.

Zusammenfassend können diese Change Requests daher dazu führen, dass weder die Leistung, noch der Projektzeitrahmen planbar sind und ein erhebliches finanzielles Risiko besteht, weil die Projektkosten deutlich ansteigen können. Damit ist der IT-Vertrag nicht zukunftsfähig.

Praxistipp:

Seien Sie achtsam bei Anlagen oder Nachträgen. Unterschätzen Sie diese nicht! Denn hierbei handelt es sich um vollwertige Vertragsbestandteile. Wenn in den Anlagen keine wesentlichen Inhalte geregelt werden sollen, dann müssen sie auch nicht erstellt und beigezogen werden. Um mögliche Missstände zu vermeiden, bedarf es daher auch hierbei einer sorgfältigen Prüfung und umfassender Regelungen im IT-Vertrag.